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Artikel des Monats November 2016

Artikel des Monats November 2016

vorgestellt von PD Dr. med. Friederike Siedentopf

Higgins JA, Sanders JN, Palta M, Turok DK
Women’s Sexual Function, Satisfaction, and Perceptions After Starting Long-Acting Reversible Contraceptives.
2016 Nov;128(5):1143-1151

In der vorliegenden US-amerikanischen Studie wird die Auswirkung von kontrazeptiven Maßnahmen auf die weibliche Sexualität in einer prospektiven Beobachtungsstudie untersucht. Eingeschlossen wurden 200 Anwenderinnen von langanhaltenden, aber reversiblen Kontrazeptiva (sog. LARC’s= longacting reversible contraceptives). Die untersuchten kontrazeptiven Maßnahmen umfassten zu 20 % Kupfer-IUD, zu 46 % Hormonspiralen und zu 34% hormonhaltige Implantate. Die Befragung erfolgte bei Erstverschreibung sowie einen und drei Monate danach.

Das primäre Outcome wurde mit dem Female SexualFunction Index, dem New Sexual Satisfaction Scale und mit Erfassung der wahrgenommenen Effekte der Methode (positiv, negativ oder keine) auf die Sexualität gemessen. Sekundäre Studienziele waren andere mit der Sexualität verbundene Faktoren wie die sexuelle Akzeptanz der LARC’s, die Fähigkeit, beim Sex ‚loszulassen‘, das Gefühl, Kontrolle über Schwangerschaft zu haben und Änderungen im Menstruationszyklus.

Von den 200 zwischen Dezember 2014 und April 2015 eingeschlossenen Patientinnen komplettierten 159 Frauen die Fragebögen zu allen drei Messzeitpunkten. Die durch die verwendeten Fragebögen erhobene sexuelle Funktion und die Scores zur sexuellen Zufriedenheit änderten sich nicht im zeitlichen Verlauf, wobei allerdings trotzdem die Probandinnen ihr Sexualleben als verbessert nach Beginn der kontrazeptiven Maßnahme ansahen. Nach drei Monaten berichteten 40 % über positive und 17 % über negative Auswirkungen des Kontrazeptivums auf ihre Sexualität. Positive Veränderungen waren assoziiert mit dem Gefühl der Kontrolle über Schwangerschaft und der Fähigkeit beim Sex ‚loszulassen’. Negative Auswirkungen auf die Sexualität wurden vor allem verstärkten vaginalen Blutungen zugeschrieben.

Schlussfolgernd berichten die Autoren, dass obwohl es keine objektiv messbaren Änderungen in der Sexualfunktion bei ‚neuen‘ LARC-Anwenderinnen gibt, eine kleine Gruppe von einer positiven, methodenbezogenen Auswirkung auf ihre Sexualität berichtet.

Positiv hervorzuheben ist bei dieser Untersuchung das prospektive Studiendesign. Als Limitationen der Studie sind zu benennen, dass keine Kontrollgruppe gebildet wurde und im Design nur eine begrenzte Auswahl von Kontrazeptiva überhaupt untersucht wurde, aber immerhin ist ein Anfang auf diesem interessanten Gebiet gemacht.

PD Dr. med. Friederike Siedentopf

Artikel des Monats Oktober 2016

Artikel des Monats Oktober 2016

vorgestellt von Prof. Dr. med. Matthias David

E. Toffol et al.
Anxiety and quality of life after first‐trimester termination of pregnancy: a prospective study.
Acta Scand Obstet Gynecol 2016; Vol: 95, Pages: 1171–1180

Studienziele und -design: Mögliche Effekte eines Schwangerschaftsabbruchs auf die Psyche der betroffenen Frau werden seit Langem diskutiert. Einige aktuelle Studien haben gezeigt, dass ein Schwangerschaftsabbruch einen neutralen Effekt auf die mentale Gesundheit der betroffenen Frauen hat. In einer größeren dänischen registerbasierten Studie wurde nachgewiesen, dass Frauen mit einem Schwangerschaftsabbruch eine höhere psychische Morbidität als die Gesamtpopulation hatten. Dies spiegelt wohl die schwierige Lebenssituation von Frauen wieder, die einen Abbruch durchführen lassen (müssen) und die Akkumulation von Problemen in einer bestimmten Lebenssituation. Die vorgestellte Studie ist Teil eines größeren Projekts, welches auf die Verhinderung weiterer Abruptios durch die frühe Einlage einer Intrauterinspirale bzw. entsprechende kontrazeptive Beratung abzielt. Es erfolgt die Messung von Veränderungen im Angstlevel (STAI-Fragebogen) und der Lebensqualität (Fragebögen EuroQoL Quality of Life Questionnaire (EQ-5D-3L) und EuroQoL VisualAnalogy Scale (EQ-VAS)) bei 742 Frauen während einer 1-Jahres-Periode nach einem Schwangerschaftsabbruch im 1. Trimester (keine medizinische Indikation, <12 SSW) zu drei Zeitpunkten: Vor dem Schwangerschaftsabbruch, 3 Monate und 12 Monate danach. Von 45% der befragten Frauen konnten Daten von allen drei Befragungszeitpunkten ausgewertet werden.

Ergebnisse und Schlussfolgerungen
Im Vergleich zu den Ausgangswerten vor dem Abbruch waren die Angstwerte 3 und 12 Monate nach der Abruptio zumeist signifikant niedriger und die Lebensqualität höher. Angstreduktion und Lebensqualitätszunahme waren besonders bei den 58 % der Frauen zu beobachten, die klinische relevante Angstwerte bei der Basisbefragung vor Abruptio angegeben hatten (STAI-Werte >40). Dieser sozusagen positive Effekt eines Schwangerschaftsabbruchs (Angstreduktion in der Nachbeobachtungszeit und die Verbesserung der Lebensqualität) zeigte sich insbesondere für die vor der Abruptio psychisch stärker belasteten und sozial schlechter gestellten Frauen. Bei Frauen, die als Ausgangswerte STAI-Werte <40 aufwiesen, blieben diese normal-niedrigen Werte fast unverändert über die Nachbeobachtungszeit bestehen. Beim Vergleich des Einflusses der Abruptiomethode (medikamentös vs. operativ) auf Angstlevel und Lebensqualität zeigte sich im Frauenkollektiv mit nicht-operativem Schwangerschaftsabbruch eine Verminderung der Angstwerte und einer Erhöhung der Lebensqualität über die Nachbeobachtungszeit im Verhältnis zum Basiswert vor dem Abbruch. In der Frauengruppe mit operativem Schwangerschaftsabbruch konnte diese Veränderung so nicht nachgewiesen werden. Allerdings waren die Veränderungen der Angst- und Lebensqualitätswerte zwischen den beiden Gruppen (medikamentös vs. operativ) nicht statistisch signifikant unterschiedlich. Die Autoren empfehlen, die Ergebnisse der Studie bei der Entwicklung von Maßnahmen und für praktische Hilfsangebote nach einem Schwangerschaftsabbruch zu berücksichtigen.

Prof. Dr. med. Matthias David

Artikel des Monats September 2016

Artikel des Monats September 2016

vorgestellt von PD Dr. med. Friederike Siedentopf

Rowlands et al.
Young women’s psychological distress after a diagnosis of polycystic ovary syndrome or endometriosis.
Human Reproduction, Vol. 31, No. 9 pp. 2072-2081, 2016

In der vorliegenden australischen Studie wird die psychische Situation junger Frauen mit polyzystischem Ovarsyndrom (PCOS) oder Endometriose in einer longitudinalen Kohortenstudie untersucht. Die untersuchte Kohorte nimmt an der sogenannten Australian Longitudinal Study on Women’s Health (ALSWH) teil, die unterteilt in drei Altersgruppen und zu zwei Untersuchungspunkten befragt wurde. Analysiert wurden die Daten von über 11.000 Frauen, der Prozentsatz der betroffenen Frauen im Gesamtkollektiv betrug für PCOS ca. 7,5 %, für Endometriose ca. 4,5 %.

Sowohl polyzystisches Ovarsyndrom (PCOS) als auch Endometriose können zu Einschränkungen der psychosozialen Lebensqualität führen. Besonders betroffen bei beiden Erkrankungen sind dabei Sexualität, Aspekte der Fertilität und Reproduktion und die generelle Lebensqualität. Das Assessment der psychischen Situation erfolgte in der Studie unter Verwendung der validierten Kessler 10-Skala, die mit 10 Items den psychischen Stresslevel evaluiert. Die Diagnose des PCOS oder der Endometriose wurde anamnestisch erhoben (‘Ist bei Ihnen jemals PCOS resp. Endometriose diagnostiziert oder behandelt worden?’). Es zeigte sich, dass 60 % der betroffenen Frauen mit den oben genannten Diagnosen sich in einer mittleren bis schweren psychischen Stresssituation befanden. Insbesondere dann war die Belastung besonders groß, wenn die Probandinnen unter Übergewicht litten. Parallel war der Gebrauch von oralen Kontrazeptiva erhoben worden, darunter zeigte sich keine Änderung der psychischen Symptomatik.

Als besonders bei dieser Studie hervorzuheben ist, dass im Vergleich zu anderen Untersuchungen, ihr Fokus auf sehr jungen Frauen (18 bis 23 Jahre) liegt. Kritisch anzumerken ist, dass die rein anamnestische Erhebung der Diagnose als nicht sehr valide anzusehen ist.

Artikel des Monats August 2016

Artikel des Monats August 2016

vorgestellt von Prof. Dr. med. Matthias David

K.C. Schliep et al.
Sexual and physical abuse and gynecologic disorders.
Hum. Reprod. (2016) 31 (8): 1904-1912 

Sexueller und körperlicher Missbrauch können möglicherweise neuroendokrine Prozesse beeinflussen, was eventuell zu einem höheren Risiko für Endometriose oder andere nichtentzündliche gynäkologische Erkrankungen führt. Bisher haben allerdings nur wenige Studien eine Missbrauchsanamnese vor der Diagnose durch eine Operation erfasst. Das Autorenteam ging also der Frage nach, ob sexueller und/oder körperlicher Missbrauch mit einer erhöhten Rate von Endometriosediagosen oder anderer gynäkologischer Störungen bei prämenopausalen Frauen verbunden ist. Beweisend war jeweils die Durchführung einer diagnostischen und/oder therapeutischen Laparoskopie oder Laparotomie unabhängig der der OP-Indikation. Dazu wurden die Daten von 473 Frauen im Alter zwischen 18 und 44 Jahren ausgewertet, die in einem von 14 OP-Zentren in Salt Lake City oder San Francisco/ USA behandelt worden waren. Frauen mit einer vorbekannten Endometriose wurden ausgeschlossen. Vor dem Eingriff wurden alle Frauen gebeten, einen standardisierten Fragebogen zum Thema Missbrauch auszufüllen. Das relative Risiko von Endometriose, Myomen, Adhäsionen oder Ovarialzysten bei einer positiven Missbrauchsanamnese wurde bestimmt und für die Parameter Alter, Rasse/Ethinizität, Ausbildung, Rauchen, vorangegangene Schwangerschaften und Familienstand adjustiert. Es wurde überprüft, ob bekannte chronisch-rezidivierende Unterbauchschmerzen, eine Depression oder durchgemachte sexuell-übertragbare Erkrankungen die Zusammenhänge erklären können. Die Autoren berichten, dass 43 bzw. 39 % der Frauen des Untersuchungskollektivs über erfahrenen sexuellen bzw. körperlichen Missbrauch berichteten. Im Gruppenvergleich zwischen den Frauen mit und ohne sexuellen Missbrauch in der Vorgeschichte ließ sich kein Unterschied des relativen Risikos für das Auftreten von Endometriose, Ovarialzysten oder Myomen nachweisen. Im Gegensatz dazu war eine körperliche Missbrauchserfahrung mit einem signifikant höheren relativen Risiko für Adhäsionen verbunden. Die oben bereits genannten drei Parameter chronisch-rezidivierende Unterbauchschmerzen, Depression oder sexuell-übertragbare Infektion als mögliche Cofaktoren erklärten diesen Unterschied nicht. Nach Darlegung der Grenzen der Studie schlussfolgern die Autoren, dass Missbrauchserfahrung offenbar mit einigen gynäkologischen Störungen neuroendokrin-entzündlichem Ursprungs verbunden sein kann. Die hohe Prävalenz der berichteten Missbrauchserfahrung in der Untersuchungsgruppe unterstreicht die Notwendigkeit eines Screenings auf Missbrauchserfahrung durch das medizinische Personal und die Einführung geeigneter Nachbetreuungsmaßnahmen für die betroffenen Frauen.

Prof. Dr. med. Matthias David

Artikel des Monats Juli 2016

Artikel des Monats Juli 2016

vorgestellt von PD Dr. med. Friederike Siedentopf

Facchin F, Barbara G, Saita E, Erzegovesi S, Martoni RM, Vercellini P.
Personality in women with endometriosis: temperament and character dimensions and pelvic pain.
Hum Reprod. 2016 Jul;31(7):1515-21. doi: 10.1093/humrep/dew108. Epub 2016 May 10

In der vorliegenden Arbeit soll untersucht werden, ob bei Endometriosepatientinnen das Vorhandensein von chronischen Unterbauchschmerzen mit einer spezifischen Persönlichkeits- und Temepramentstruktur assoziiert ist. Dies wurde bislang nicht untersucht.

Durchgeführt wurde eine Querschnittstudie an 133 Endometriosepatientinnen mit und ohne Unterbauchschmerzen. Exploriert wurden die Patientinnen gemäß des psychobiologischen Modells nach Cloninger. In diesem Modell postulierte Cloninger 4 verschiedene Temperamentdimensionen:

novelty seeking (= Neugierverhalten),
harm avoidance (= Schadensvermeidung),
reward dependence (= Belohnungsabhängigkeit) und
persistence (= Beharrungsvermögen).

Sie sind voneinander unabhängig und neurobiologisch begründbar. Er assoziiert novelty seeking mit dem dopaminergen, harm avoidance mit dem serotonergen und reward dependence mit dem noradrenergen Neurotransmittersystem. Persistence ist die jüngste von Cloningers Temperamentdimensionen und wurde ursprünglich als eine Komponente von reward dependence betrachtet. Sie ist mit keinem Neurotransmittersystem eindeutig assoziiert.

Es fand sich, dass bei den Frauen mit schmerzhafter Endometriose das Neugierverhalten, Selbstbestimmung und Verantwortungsbereitschaft vermindert waren, die Schadensvermeidung und Ermüdbarkeit waren dagegen erhöht im Vergleich zur schmerzfreien Kontrollgruppe. Je stärker die Schmerzen waren, umso höher war die Schadensvermeidung und umso niedriger war die Selbstbestimmung.

Fazit
Die Studie liefert interessante Ergebnisse, die weiter untersucht werden sollten. Die Autoren merken methodenkritisch die kleine Fallzahl, kulterelle Homogenität der Stichprobe sowie unterschiedliche Gruppengrößen an.

Ergänzen möchte ich noch, dass offen bleibt, ob die gefundenen Persönlichkeitsunterschiede zwischen den beiden Gruppen auch als Reaktion auf die Unterbauchschmerzen entstanden sein könnten. Die Antwort darauf könnte nur eine prospektive Untersuchung erbringen.

Artikel des Monats Juni 2016

Artikel des Monats Juni 2016

vorgestellt von Prof. Dr. med. Matthias David

Smarandache A et al. Predictors of a negative labour and birth experience based on a national survey of Canadian women.
BMC Pregnancy and Childbirth (2016) 16:114 DOI 10.1186/s12884-016-0903-2

Die vorliegende Studie basiert auf Telefoninterviews, wobei mit den meisten Studienteilnehmerinnen 5 bis 9 Monate postpartum gesprochen wurde. Es wurden 300 Fragen rund um den Zeitraum Schwangerschaft, Geburt und Postpartalperiode beantwortet. Eine negative Geburtserfahrung hat deutlichen Einfluss auf das Wohlbefinden und weitere Entscheidungen der Mutter im Hinblick auf nachfolgende Schwangerschaften. Von den 6.421 befragten kanadischen Frauen berichteten 9,3 % über negative Geburtserfahrungen. Faktoren mit signifikant negativem Einfluss waren höheres Lebensalter, Gewalterfahrung in den zwei Jahren vor der Entbindung, selbst eingeschätzter schlechter Gesundheitsstatus, ungewollte Schwangerschaft, Entbindung per Kaiserschnitt, Verlegung des Kindes in eine Kinderklinik bzw. eine neonatologische Intensivstation und die Teilnahme an einem Geburtsvorbereitungskurs.

Eine negative Geburtserfahrung kann sich, so zeigen andere Studien, die in der Arbeit zitiert werden, auf die Gesundheit der betroffenen Frau und die Entwicklung ihrer Kinder ungünstig auswirken. Frauen mit negativen Geburtserfahrungen wiesen ein längeres Intervall bis zur nächsten Schwangerschaft bzw. Geburt gegenüber Frauen mit positiver Geburtserfahrung auf.

Die Ergebnisse der hier dargestellten Studie sind wichtig für die Erstellung von Empfehlungen für Präventions- und Interventionsprogramme rund um die Schwangerschaft – dies gilt u. a. angesichts der steigenden Schwangerschaftsrate (auch in Kanada).

Die Risikofaktoren sind identifiziert. Die Autoren meinen, dass nun die Fragen, wie und warum diese die Geburtserfahrung negativ beeinflussen, zu beantworten sind. Dafür sind nach Meinung der kanadischen Autorenteams aus Toronto vor allem qualitative Methoden (ausführliche leitfadengestützte Interviews mit den Müttern) gut geeignet.

Prof. Dr. med. Matthias David

Artikel des Monats Mai 2016

Artikel des Monats Mai 2016

vorgestellt von PD Dr. med. Friederike Siedentopf

Mellado BH, Falcone AC, Poli-Neto OB, Rosa E Silva JC, Nogueira AA, Candido-Dos-Reis FJ.
Social isolation in women with endometriosis and chronic pelvic pain.
Int J Gynaecol Obstet. 2016 May;133(2):199-201

Ziel der Studie
Evaluation der sozialen Bindungen bei Patientinnen mit Endometriose und chronischem Unterbauchschmerz.

Methoden
Mit Hilfe der Grounded-Theory-Methode wurde eine qualitative Studie an Frauen mit chronischem Unterbauchschmerz und Endometriose durchgeführt. Die Datenerhebung erfolgte zwischen Februar 2013 und Januar 2014 im Clinics Hospital der Ribeirão Preto Medical School in Ribeirão Preto, Südwest Brasilien. Es erfolgten Gruppensitzungen mit vier bis sechs Teilnehmerinnen. Die Transkripte der Sitzungen wurden analysiert und unter Verwendung der WebQDA Plattform kodiert.

Die Grounded-Theory-Methode wurde von Glaser und Strauss in den 1960er Jahren erarbeitet (Glaser & Strauss 1967). Sie ist charakterisiert durch einen ständigen Wechsel von Datenerhebung und Reflexion der Datenanalyse und darauf basierender Theoriebildung. Ihre wesentlichen Merkmale sind das Konzeptualisieren, das permanente Vergleichen, das Theoretical Sampling und das Memo Writing. Dabei geht die Grounded-Theory-Methodologie über die bloße Deskription hinaus und zielt drauf ab, die hinter den Daten liegenden Konzepte zu erfassen und zu analysieren.

Ergebnisse
Es fanden sechs Gruppendiskussionen statt, insgesamt nahmen 29 Patientinnen daran teil. Soziale Isolation war das Hauptthema der Sitzungen. Die soziale Isolation war assoziiert mit einem Mangel an Verständnis für die Symptome der Endometriose seitens der Umwelt und mit resignativen Gefühlen angesichts wiederkehrender Schmerzepisoden. Vermeidung von Intimität mit dem Partner und Rückzug von Familie und Freunden waren wesentliche Komponenten der sozialen Isolation.

Schlussfolgerung der Autoren
Frauen mit Endometriose und chronischen Unterbauchschmerzen leiden unter sozialer Isolation. Diese Erkenntnis ist sollte im multidisziplinären Management der Erkrankung berücksichtigt werden.

Bei der vorgestellten Untersuchung wurde ein interessanter qualitativer Studienansatz angewandt. Soziale Isolation ist ein gesundheitlicher Risikofaktor. Sollte es möglich sein, im Rahmen der psychosomatischen Behandlung von Endometriosepatientinnen diesen Risikofaktor zu reduzieren, kann evtl. eine Verbesserung der Lebensqualität der betroffenen Frauen erreicht werden. Darüberhinaus sind Interaktionen zwischen immunologischen Vorgängen der Endometrioseentstehung und durch die soziale Isolation verursachte immunologische Prozesse denkbar. Hier wäre dann in der Zukunft auch ein grundsätzlicher therapeutischer Ansatz möglich.

Weiterführende Literatur
Glaser, Barney & Strauss, Anselm (1967). The Discovery of Grounded Theory: Strategies for Qualitative Research. Chicago: Aldine

Artikel des Monats April 2016

Artikel des Monats April 2016

vorgestellt von Prof. Dr. med. Matthias David

Bernard M. Dickens
Legal and ethical issues of uterus transplantation.
International Journal of Gynecology and Obstetrics 133 (2016) 125–128

Die Berichte über die erfolgreiche Uterustransplantation (UTX) mit nachfolgender erfolgreicher Geburt eines Kindes in Schweden (Team Dr. Brännström/ Göteborg), wobei eine Freundin der Frau die Organspenderin war, hat zu einer weltweiten Diskussion zu diesem Thema geführt. Auch weibliche Familienmitglieder kommen als Spenderinnen in Frage, ohne dass bisher die rechtlichen und ethischen Probleme, die mit einem solchen Vorgehen verbunden sind, ausreichend geklärt wurden. Die ethischen Überlegungen im Zusammenhang mit der UTX haben sich bisher auf die Transplantatempfängerinnen nicht aber auf die Spenderinnen konzentriert. Es ist wichtig, bei Lebend-Spenderinnen deren (altruistische?!) Motivation zu klären. Auch die Übertagung eines Uterus einer Toten, wie sie in der Türkei durchgeführt wurde, wirft neben operationstechnischen durchaus auch ethische Fragen auf.

Die UTX dient allein dem Zweck, erfolgreich selbst ein Kind zu gebären. Der transplantierte Uterus wird nach der ausgetragenen Schwangerschaft wieder entfernt. Der Übersichtsartikel von B.M. Dickens aus Toronto/Kanada setzt sich mit den o.g. dargestellten Fragestellungen – durchaus kritisch – auseinander. Auch wenn es sich bei der Uterustransplantation um eine Operation handelt, die bis auf Weiteres international wenigen hochspezialisierten Zentren vorbehalten sein dürfte, gibt es schon heute auch in der Bundesrepublik Deutschland Nachfragen von Frauen danach. Insofern sollen Frauenärztinnen und Frauenärzte in Praxis und Klinik über die UTX und damit zusammenhängende ethisch und psychische/psychosomatische Aspekte („überwertiger Kinderwunsch“?!) informiert sein.

Prof. Dr. med. Matthias David

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