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Gegen diskriminierenden Fehlalarm – für konstruktives Miteinander
Dresden, 14. März 2018. Die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche ist weiterhin hoch. Das ist alarmierend. Die Deutsche Gesellschaft für psychosomatische Frauenheilkunde und Geburtshilfe (DGPFG) wertet das als einen Appell, weiter intensiv nach den Gründen und nach möglichen Veränderungen zu suchen. Die DGPFG wendet sich dagegen, das Thema für ungerechtfertigte Vermutungen und Vorwürfe zu instrumentalisieren, wie sie der Berufsverband der Frauenärzte (BVF) in seiner Pressemitteilung vom 7. März 2018 geäußert hat. Darin wird ein Zusammenhang zwischen der Rezeptfreigabe der Pille danach und der Zahl der Abbrüche unterstellt, gleichzeitig wird die Qualität der Beratung in den Apotheken angezweifelt. Zuletzt wird der angeblich medial verursachte Rückgang der Verkaufszahlen der Pille ins Feld geführt, der Frauen hilflos in die Fänge von Verhütungs-Apps und damit „geradewegs in unerwünschte Schwangerschaften“ führe.
Beratung statt Bevormundung
Frauenärztin Dr. med. Claudia Schumann, Vizepräsidentin der DGPFG, setzt dagegen: „Statt Diskriminierung und Abwertung geht es mehr denn je um eine kluge Kooperation für Beratung mit dem Ziel, Frauen ebenso wie Männer zu guten Entscheidungen zu befähigen. Beratung ist angesagt – nicht Bevormundung.“
Schon der Ausgangspunkt der Pressemitteilung des BVF ist fragwürdig. Wenn auch die absolute Zahl der Abbrüche im Jahr 2017 etwas angestiegen ist, bleibt insgesamt kontinuierlich ein leichter Abwärtstrend zu beobachten: Bezogen auf die Zahl der Frauen im gebärfähigen Alter zeigt sich ein Rückgang von 59 Abbrüchen pro 10.000 Frauen im Jahre 2012 auf 58 / 10.000 im Jahr 2017. Dass der Berufsverband der Frauenärzte das anscheinend nicht realisiert, sondern nur die absoluten Zahlen veröffentlicht, ist ein ärgerlicher Fehlalarm. Es stimmt außerdem nachdenklich, dass die berechtigte Sorge vieler Frauen vor gesundheitlichen Schäden durch die Pille bzw. die Spirale und deren Suche nach Alternativen weggewischt wird mit Hinweisen auf die negative Kraft der Medien. Den Frauen wird der schwarze Peter zugeschoben, sich auf unsichere Methoden einzulassen. Dabei sollte heutzutage doch klar sein: Verhütung geht beide an, Männer ebenso wie Frauen! Durch entsprechende Informationen und empathische Beratung werden sie befähigt, immer wieder passend zu ihrer individuellen Situation richtige Entscheidungen für ihre reproduktive Gesundheit zu treffen. Dazu gehört auch, zwischen den Risiken und den Vorteilen einer kontrazeptiven Maßnahme abzuwägen. An dieser Aufgabe sind Frauenärztinnen und -ärzte maßgeblich beteiligt, da sie für viele Frauen die ersten Ansprechpartner sind.
Warum werden so viele Frauen ungewollt schwanger?
Natürlich sind 100.000 Abbrüche pro Jahr viel – sie belasten alle Beteiligten. In Zeiten von Pille und Spirale ist die Frage berechtigt, warum immer noch so viele Frauen ungewollt schwanger werden und sich für einen Abbruch entscheiden. Die eine klare Antwort darauf gibt es nicht. Sehr unterschiedliche Faktoren spielen individuell eine Rolle, wenn die Trennung von Sex und Empfängnis bzw. Zeugung nicht gelingt. Neben der Verunsicherung, die Frauen statt zur Pille zu einer App greifen lässt, neben den Problemen von Männern im Umgang mit dem Kondom können unbewusste Wünsche und innere Konflikte, finanzielle Probleme, Unwissen und mangelnder Zugang zu Verhütungsmitteln eine Rolle spielen. Aus Beratungsstellen ist zu hören, dass auffallend viele geflüchtete Frauen ungewollt schwanger werden; exakte Zahlen dazu fehlen, ebenso wie zur Zahl der geflüchteten Frauen, die Verhütung brauchen. Belegt ist, dass aus den angrenzenden Ländern wie Polen, wo der Abbruch verboten ist, zunehmend mehr Frauen nach Deutschland für diesen Eingriff kommen. Beide Gruppen tragen dazu bei, dass die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche nicht schneller sinkt.
Pille danach: Auf Zusammenarbeit der Heilberufe setzen!
„Es ist gut, dass Mädchen und Frauen sich jetzt unkompliziert und vor allem zeitnah die Pille danach besorgen können“, betont Dr. Claudia Schumann. Gerade nach der Rezeptfreigabe stehen die FrauenärztInnen noch mehr in der Pflicht für die präventive Beratung, damit Paare schnell handeln, wenn die Verhütung vergessen wurde oder das Kondom gerissen ist. Erst in zweiter Instanz kommen die ApothekerInnen zum Zuge. Sie haben sich nach der Aufgabe nicht gedrängt, sie aber mit großem Engagement übernommen, wie die gerade überarbeitete Handlungsanweisung der Bundesapothekerkammer belegt. Es entbehrt jeder sachlichen Grundlage, dieser Berufsgruppe zumindest unterschwellig eine Schuld daran zuzuschreiben, dass weiterhin viele Frauen einen Abbruch vornehmen lassen.
„Im Zweifelsfall fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker“: Die Betroffenen sollten sich auf die Zusammenarbeit der Heilberufe verlassen können.
Ansprechpartnerin für die Presse:
Dr. med. Claudia Schumann – Vizepräsidentin der DGPFG
Claudiaschumann@t-online.de
Tel. 0170-7322580
Terminhinweis
Das Thema Schwangerschaftsabbrüche wird neben vielen weiteren auch auf der 47. Jahrestagung der DGPFG am 16. und 17. März 2018 in den DRK Kliniken Berlin Westend thematisiert.
www.dgpfg-kongress.de
Über die DGPFG
Die interdisziplinäre Fachgesellschaft fusionierte im Jahr 2000 in Dresden aus der 1979 in der DDR gegründeten Arbeitsgemeinschaft für Psychosomatische Gynäkologie und Geburtshilfe und der 1981 in der BRD entstandenen Deutschen Gesellschaft für Psychosomatische Geburtshilfe und Gynäkologie. Dies war ein bis dato für deutsche wissenschaftliche Gesellschaften einmaliger Vorgang.
Die DGPFG mit heute rund 800 Mitgliedern möchte u. a. Forschung und Lehre in der psychosomatischen Frauenheilkunde und Geburtshilfe, die psychosomatische Versorgung im Gesundheitssystem fördern und die Qualität der psychosomatischen Grundversorgung und fachgebundenen Psychotherapie sichern.
Deutsche Gesellschaft für Psychosomatische Frauenheilkunde und Geburtshilfe e.V.
Tzschimmerstraße 30
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Mit freundlichen Grüßen
Presseinformation i. A. der DGPFG
Dagmar Möbius
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